Agiles Projektmanagement im Überblick – Für welche Projekte eignet es sich?

Veröffentlicht am 22.07.2022 | Lesezeit 7 Minuten

Trends kommen und gehen, andere bleiben und schlagen Wurzeln. Agilität steht dabei für Wendigkeit und Beweglichkeit, und genau so flexibel gestaltet sich agiles Projektmanagement im direkten Vergleich zu klassischem Projektmanagement.

In diesem Artikel möchten wir Sie zunächst mit den Grundsätzen von agilem Projektmanagement vertraut machen, erklären Ihnen was genau hinter dem Begriff steckt, welche Vor- und Nachteile agiles Projektmanagement mit sich bringt und welche Methoden sich dafür eignen.


Überblick über Agiles Projektmanagement:

1. Was ist agiles Projektmanagement?

2. Kriterien und Merkmale von agilem Projektmanagement

3. Was sind die Vorteile von agilem Projektmanagement?

4. Was sind die Nachteile von agilem Projektmanagement?

5. Methoden von agilem Projektmanagement

6. Ausblick

Was ist Agiles Projektmanagement?

Um die Definition von Agilem Projektmanagement abgrenzen zu können, eignet es sich einen kurzen Blick auf klassisches Projektmanagement zu werfen. Hierbei geht es um ein stark standardisiertes Vorgehensmodell zur effektiven und effizienten Planung und Steuerung von komplexen Projekten. Projektphasen werden in linearer Abfolge und klar voneinander getrennt durchgeführt. Ergebnisse, Kosten, Deadlines und Personalressourcen werden bereits am Anfang definiert und sollen möglichst bis zur vollständigen Projektabwicklung unverändert bleiben.

Agiles Projektmanagement unterscheidet sich dabei grundlegend, da viele der starren Grundsätze im klassischen Projektmanagement nicht vorausgesagt werden können. Wie soll das Ergebnis im Detail aussehen? Welche Lösung ist die beste für ein neues Produkt? Vieles zu Beginn nur grob umfasst, um einen erkundenden Prozess zu fördern und auf spontane Erkenntnisse reagieren zu können. Der Fokus agil gesteuerter Projekt liegt deshalb auf der Innovationsstärke des Endproduktes.

Abbildung 1: Grafik: Vergleich Agiles Projektmanagement
Abbildung 1: Grafik: Vergleich Agiles Projektmanagement

 

Kriterien und Merkmale von agilem Projektmanagement:

Gegründet wurde die Projekt-Methodik bereits im Jahr 2001 durch 17 Größen aus der Industrie, die dazu ein agiles Manifest festgelegt haben. Das Manifesto for Agile Software Development basiert auf vier agile Kernaussagen, die wiederum in zwölf Prinzipien abgeleitet werden.

Die vier Werte im agilen Manifest:

  1. Individuen und Interaktionen sind wichtiger als Prozesse und Werkzeuge
  2. Funktionierende Software ist wichtiger als umfassende Dokumentation
  3. Zusammenarbeit mit dem Kunden ist wichtiger als Vertragsverhandlungen
  4. Reagieren und Veränderung ist wichtiger als das Befolgen eines Plans

Mehr über die ursprünglichen Gedanken, sowie die Auflistung der zwölf agilen Prinzipien sind hier zu finden: http://agilemanifesto.org/

Kriterien agiler Arbeit:

  • Tägliche Status-Meetings
  • Geförderte Teamarbeit und hohe Verantwortung der jeweiligen Team-Member
  • Hohe Mitwirkung der Auftraggeber und Stakeholder
  • Kurze Feedbackschleifen
  • Flexible Reaktion auf (unerwartete) Zwischenergebnisse
  • Auslieferung der Zwischenergebnisse
  • Hohe Toleranzen für Änderungen an Budget oder zeitlichen Abläufen
Abbildung 1: Grafik: Agiles Projektmanagement

Einsatzmöglichkeiten von agilem Projektmanagement

Agiles Projektmanagement eignet sich vor allem um komplexe Aufgaben mit noch unbekannten Parametern zum bestmöglichen Resultat zu bringen. Ursprünglich in der Software-Entwicklung eingesetzt, zieht sich die agile Form der Projektgestaltung mittlerweile darüber hinweg. IT und Hardware, Programm- und Servicegestaltung, aber auch traditionelle Industriesektoren wie Maschinenbau oder die Automobilindustrie machen sich die starke Innovationskraft zunutze. Selbst in der Bauwirtschaft und Architektur sind agile Methoden und zyklische Arbeitsphasen (Sprints) Fallweise in Verwendung.

Was sind die Vorteile von agilem Projektmanagement?

Projekte die agil gesteuert werden, zeichnen sich durch die bereits genannten Kriterien und Werte aus. Diese lassen sich zu folgenden Vorteilen zusammenfassen:

  • Flexible Gestaltung zeitlicher Abläufe und Reihenfolgen

Definierte Meilensteine können aber müssen nicht einer starren Reihenfolge nach erfüllt werden. Unterschiedliche Projektabschnitte dürfen auch parallel ausgeführt werden, sofern sie nicht voneinander abhängig sind.

  • Teilauslieferung nutzbarer Zwischenergebnisse

Projekte und Entwicklungen müssen nicht vollständig abgeschlossen sein um Ergebnisse zu liefern. Auch Zwischenstände oder Vorschauversionen können ausgeliefert und genutzt werden. So werden erste Erfahrungen und zusätzliche Anforderungen gesammelt und in späteren Stückwerken eingebaut. Gleiche Logik gilt für Fehler und spätere Änderungswünsche.

  • Flexibilität auch hinsichtlich Ressourcen

Auch die zur Verfügung stehenden Ressourcen können Teilelemente eines Vorhabens bestimmen. Vor allem in der Softwareentwicklung ist der Projektfortschritt von vorhandenen Kapazitäten im Entwicklungspersonal abhängig. Trotzdem können unabhängige Software-Elemente entwickelt und fertiggestellt und fehlende Ressourcen zu einem späteren Zeitpunkt organisiert werden.

  • Vorgehen nach Prioritäten

Wie bereits in den vier Grundwerten definiert, haben im agilen Vorgehen gewisse Teilbereiche eine höhere Priorität als andere. Aber auch die einzelnen Anforderungen an eine Entwicklung selbst, können unterschiedlich priorisiert werden. Zwingend notwendige Features werden deshalb bevorzugt behandelt um den vollen Spielraum an flexibler Gestaltung auszunutzen.

  • Enge Kollaboration und hohe Transparenz

In regelmäßigen Meetings und kurzen Sessions werden Ziele priorisiert und regelmäßige Reviews abgehalten. Durch Feedbacks und kurze Kommunikationswege kann auf Probleme und Zwischenergebnisse reagiert werden. Dazu stehen Entwicklungsteams, Businessabteilungen, User und Auftraggeber stets im engen Kontakt, um ein gegenseitiges Verständnis sicherzustellen.

  • Hohe Motivation und Zufriedenheit der Mitarbeiter

Durch die hohe Eigenverantwortlichkeit und Entscheidungskraft einzelner Mitarbeiter steigt auch deren Zufriedenheit. Dies fördert wiederum die Vorgehensweise selbst, stärkt Teamgeist und Unternehmenskultur.

 

Was sind die Nachteile von agilem Projektmanagement?

Agiles Projektmanagement wird auch mit vielen Herausforderungen konfrontiert, die vorrangig durch die hohe Flexibilität hervorgerufen werden. Dazu einige Exemplare:

  • Hoher Kommunikationsaufwand

Aufgrund der flexiblen Projektgestaltung können gewisse Aufwände zu Beginn nicht exakt deklariert werden. Dieses gilt auch für den Aufwand an engmaschiger Kommunikation und Mitarbeit durch die Projektpartner. Über längere Dauer ist diese schwer aufrechtzuhalten.

  • Fehlender Gesamtüberblick

Ein Preis der hohen Flexibilität kann auch eine fehlende Fokussierung sein. Da weder Projektumfang noch Endergebnis vollständig dokumentiert sind, werden einzelne Prozesse oftmals ausgeweitet ohne die dazugehörigen Ergebnisse entsprechend zu skalieren. Fortschritte sind plötzlich nicht mehr messbar. Der fehlende Gesamtüberblick führt schließlich zu Zeitverlusten und höheren Kosten.

  • Fehlendes Mindset

Mitarbeiter, die es gewohnt waren auf Anweisungen zu reagieren anstatt sie selber anzusteuern, stehen durch agile Methoden vor neuen Herausforderungen und müssen zunächst gecoacht werden. Ebenso ist das Mindset im gesamten Unternehmen entscheidend, ob Projekte tatsächlich agil umgesetzt oder lediglich „agil“ bezeichnet werden. Entscheiden sich Unternehmen zum ersten Mal für agile Projektführung, muss deshalb auch das Umfeld entsprechend eingestellt sein und Unterstützung finden.

  • Nicht immer geeignet

Agiles Projektmanagement sollte nicht als eine moderne Art der Projektorganisation angesehen werden. Denn nicht jeder Projekttyp passt in das agile Schema und nicht jedes Vorhaben lässt diese Ausdehnung und Flexibilität an Ressourcennutzung, Strukturen und Ergebnis zu. Besonders bei hoch standardisierten Projekten ist klassisches Projektmanagement nach wie vor die bessere Wahl.

 

Methoden von agilem Projektmanagement

Der Erfolg in der agilen Projektführung ist stark vom Teamgeist, der Motivation aller Funktionäre und dem Willen das Beste zu erschaffen, abhängig. Um den agilen Charakter voll auszuschöpfen, setzt man deshalb auf bewährte Methoden für agiles Projektmanagement.

So unterschiedlich die Projekte sind, genauso vielfältig sind auch die möglichen Methoden. Da Agilität am besten durch diesen Spielraum gedeiht, ist das auch gut so. Die nachfolgende Liste liefert deshalb lediglich einen groben Überblick bekannterMethoden. Drei davon erläutern wir im Anschluss noch näher.

  • Kanban
  • Scrum
  • Design Thinking
  • Scrumban
  • Obeya
  • Story Mapping
  • PRINCE2®
  • Planning Poker
  • Extreme Programming
  • Weighted Shortest Job First

 

Kanban

Kanban bzw. ein Kanban-Board ist ein bekannter Projektmanagement-Ansatz zur übersichtlichen Aufgabenplanung. Der japanische Begriff stammte aus der Lean Production und steht für Karten bzw. Schautafeln zur Sortierung von Aufgaben und Darstellung des Fortschritts. Teams und einzelne Mitglieder gliedern dazu Ihre Aufgaben je nach Status selbst in die folgenden Abschnitte:

  • Offen
  • In Arbeit
  • Erledigt

Die Aufgaben selbst werden aus einem Backlog bzw. einem Anforderungskonzept abgeleitet und priorisiert für die Verteilung, anhand einer To-do-Liste bereitgestellt.

Ein Kanban-Board wird in der Regel innerhalb einer Projektmanagement-Software abgebildet. Die visuelle Darstellung kann aber auch mit Haftnotizen auf Whiteboards erfolgen. Projektfortschritt und spontane Hindernisse stehen bei dieser Methode deutlich im Fokus.

Grafik: Kanban_Agiles-Projektmanagement

Scrum

Scrum hilft anhand geteilter Zyklen das Gesamtvorhaben fokussiert in die Schlussphase zu bringen und ist somit eine wesentliche Unterstützung für agiles Projektmanagement. Dazu wird ein langfristiger Product Backlog festgelegt, der während der Projektdurchführung laufend angepasst wird. Handlungen und Abläufe, die dem Backlog entspringen werden in kleinere Zyklen, den sogenannten Sprints, eingeteilt.

An einem Sprint sind in der Regel kleinere eng zusammenarbeitende Teams beteiligt, die sich in täglichen Kurzmeetings eine Wissensbasis teilen. Sprint-Plannings, Daily Scrums und Sprint Reviews sind die drei Arten von Scrum-Meetings, die Planung, bevorstehende Aufgabenbereiche und mögliche Verzögerungen, sowie die Nachbetrachtung und Präsentation von Zwischenergebnissen abdecken.

Eine wichtige Rolle nimmt dabei der Scrum Master ein, der allerdings nichts mit der Bedeutung eines klassischen Projektmanagers zu tun hat. Er regelt lediglich die Zusammenarbeit im Entwicklungsteam und dient als Schnittstelle zum Product Owner.

Zusammengefasst fördert agiles Projektmanagement mit Scrum folgende Aufgaben:

  • Selbstorganisation der Teammitglieder
  • Kurzfristige Reaktionen
  • Neues Wissen

Die Methode Scrumban vereint, wie der Name schon verrät, beide agile Methoden und erleichtert die Übergänge von Scrum zu Kanban und umgekehrt.

Design Thinking

Die Kernessenz hinter dieser Methode lautet, dass gute Ideen kein Zufall sind. Design Thinking fördert kreative Wege und ungewöhnliche Denkansätze um damit erstklassige Produkte oder Geschäftsfelder zu entwickeln.

Dem Prozess von Design Thinking liegt dabei eine mentale Einstellung zu Grunde, Probleme anders als bisher zu lösen. Die Methode geht somit wunderbar in Einklang mit dem agilen Grundgedanken, bedeutende und innovative Ergebnisse hervorzubringen. Konkret können die Anforderungen von Design-Thinking in sechs Phasen beschrieben werden:

  1. Verstehen
  2. Analysieren und Beobachten
  3. Sichtweisen definieren
  4. Ideen finden
  5. Prototypen und Lösungen entwickeln
  6. Ausprobieren oder Testen

Um in diesen Phasen voranzukommen eignen sich weitere Sub-Methoden, Tool und Techniken. Beispiele davon sind die Definition von Zielgruppen-Personas um Produkte exakt auf diese und deren Bedürfnisse abzustimmen. Ebenso werden Kundenbefragungen und gezielte Interviews durchgeführt um Erfahrungswerte aufzudecken, die noch verborgen waren.

Mit weiteren Ansätzen wie Brainstorming, Brainwriting oder Mindmapping werden Ideen gesammelt und anhand dessen Prototypen kreiert. Diese dürfen auch lediglich in Papierform, als Mock-Up-Vorschau oder als Storyboard visualisiert werden. Nutzertests und Prototyp-Testungen prüfen schließlich die Funktionalität unter realen Bedingungen. Um Probleme und Unklarheiten zu beseitigen, werden vorhergehende Design-Thinking-Prozesse erneut aufgerufen, evaluiert und ein weiteres Mal ausgeführt.

Zusammengefasst soll ein Projekt, das mit der Design-Thinking-Methode bearbeitet wird, innovative Umschwünge erzielen oder die Effizienz bestehender Produkte und Dienstleistungen steigern.

 

Ausblick

Die letzten Jahre haben der Wirtschaft einiges abverlangt. Wer agil war und rasch reagieren konnte und es noch immer tut, bleibt erfolgreich bestehen. Ebenso sind die schnellen Produktzyklen ein wesentlicher Motor für agile Vorgänge.

Der agile Trend geht deshalb längst über die Projektmanagement-Disziplin hinaus und zieht sich durch Arbeitsstrukturen und ganze Organisationen. Aktuelle Studien verweisen dazu auf eine agile Transformation, die mancherorts noch in den Startlöchern steht. Während also die einen noch diskutieren, ob Agilität in der Führungsebene einziehen darf, ist es für andere längst ein durchgängiges Mittel für nachhaltige Wettbewerbsfähigkeit geworden.

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